Axel Naglich (46) Red Bull Athlet aus Kitzbühel, ist Big Mountain Freeskier und Skibergsteiger. 2007 fuhr er als erster die längste Skiabfahrt der Geschichte, 5489 Meter Höhenunterschied vom Gipfel des Mount Saint Elias bis zum Meer. Ende 2014 kam durch seine Idee und Mitwirken der Film „Streif One Hell Of A Ride“ in die Kino. Erwin Hofbauer traf ihn zum persönlichem Interview in Kitzbühel.
Wann entstand die Idee zum Film „Streif“?
Konkret wurde die Idee 2011, existieren tut sie schon sehr viel länger. Gerald Salmina, den Produzenten, kenne ich seit etwa 20 Jahren. Wir haben damals schon andere Skifilme gedreht und einige verrückte Projekte realisiert. Er hat übrigens mit dem Filmemacher Jens Hoffman den Red Bull Snowthrill in Chamonix veranstaltet, den ersten europäischen Big Mountain Bewerb.
Du hast mir erzählt, dass du etwas „Normaleres“ machen wolltest, darum der Film über das Hahnenkamm Rennen?
So in etwa. Nach dem Mount Saint Elias wäre es der nächste logische Schritt gewesen den K2 anzugehen, weil den noch niemand abgefahren hat. Doch bevor es ernst wurde, starb der dritte Mann in unserem Team Fredrik Erikson genau am K2. Er wollte nicht länger warten und es vorab schon mal versuchen.
Mit dem selben Produktionsteam wie in Alaska begaben wir uns auf eine Suchexpedition nach der Kamera von Irvine und Mallory am Everest. Sie sollte den endgültigen Beweis liefern ob sie am Gipfel des Mount Everest standen oder nicht. Wir konnten sie aber nicht finden.
Durch purem Zufall überlebten wir dort einen Lawinenabgang, jedoch starb dabei ein Ungar. Zu dieser Zeit verunglückte zu Hause auch noch Peter Ressmann (Resl), mein Partner am Mount Saint Elias, durch eine saudumme Geschichte.
Von da an, das war 2010/11, wollten wir etwas Normaleres machen, denn die K2-Abfahrt ist schon ein sehr haariges Thema. Beim durchforsten unseres Fundus fanden wir, dass es an der Zeit war, das Thema Streif in den Angriff zu nehmen. Die Umstände passten alle zusammen. Der Skiklub wollte einen bezahlten Clip vom Hahnenkamm Rennen, vom Mount Saint Elias bekamen wir eine Filmförderung mit Automatismus für ein Folgeprojekt und das nächste Rennen ist das 75ste. Nach unzähligen Meetings hatten wir die Finanzierung zusammen und es ging los.
Wie viel hat der Film gekostet und was waren die Aufgaben bei One Hell of a Ride?
Genau kann ich es nicht sagen aber um die 1,5 Millionen. Das Schwierigste war dabei 75 Jahre Hahnenkamm Rennen in zwei Stunden zu packen und dabei eine Dramaturgie und Spannung aufzubauen, dass die Besucher zwei Stunden lang fesselt. Die nächste Herausforderung war, dass das Hahnenkamm Rennen nicht gleichbedeutend mit der Streif ist. Deshalb mussten wir eine Brücke zwischen Slalom, Abfahrt, Super Ski und Kombi bauen. Das ist uns, so glaube ich, durch das Match zwischen Aksel Lund Svindal und Marcel Hirscher um den Gesamtweltcup sowie mit Max Franz als Newcomer gut gelungen.
Du sagtest, dass du selbst überrascht warst und bist, dass der Film so einschlug?
Das stimmt. Innerhalb von drei Wochen überholte er Mount Saint Elias.
Ich glaube, es spielten einige Faktoren zusammen. Wir wollten auch auf die Athletenthematik eingehen, denn es ist absoluter Irrsinn was die leisten und riskieren. Der Zufall wollte es, dass Marcel Hirscher und Max Franz über den Sommer hinweg zusammen trainierten, was wir im Film sehr gut unterbringen konnten und den Fight zwischen den zwei besten Slalomläufer, Neureuther und Hirscher, besonders hervorhob. Ein Parameter warum der Film so einen Eindruck macht, war und ist mit Sicherheit, dass Marcel Hirscher heuer so erfolgreich ist.
Ab und zu braucht man halt ein wenig Glück im Leben.
Böse Zungen behaupten, der Film sei zu Red Bull-lastig?
Das habe ich auch gehört ist aber absoluter Blödsinn. Einige selbsternannte Experten haben das bekrittelt.
Red Bull hat die Eigenheit die besten und coolsten Athleten zu nehmen, genau die Leute, die wir brauchen. Mir nützt der beste Skifahrer nichts wenn er nicht den Mund aufbekommt. Wir haben genau so viele Red Bull Sportler wie Head und Raika gesponserte im Film, nur fällt das halt keinem auf.
Warum glaubst du ist der Film so erfolgreich?
Ich weiß es nicht. Österreich ist ein Skiverrücktes Land. An der Weltspitze können wir mit Skifahren, Skispringen und Eisstockschießen mithalten. Ein paar brauchbare Segler haben wir noch, danach ist aber auch schon zusammengeräumt. Vielleicht ist das ein Grund, weil wir halt in ein paar wenigen Sportarten eine globale Rolle spielen.
Bist du ein risikofreudiger Mensch und was sagt deine Frau dazu, haben deine Kinder dein Leben verändert?
Nein bin ich eigentlich nicht. Denn was für einen Sinn hätte mein ganzes Leben wenn ich nicht mehr da bin? Außerdem überlege ich oft zweimal ob ich was mache.
Meine Frau hat mich so kennengelernt. Sei dem damaligen Unglück am K2 meinte sie, ich könne in Zukunft jeden Berg besteigen nur nicht den K2.
Kinder verändern dein Leben ohne dass es dir bewusst ist. Sie bestimmen es auf eine indirekte Art und Weise.
Nach Mount Saint Elias und der Streif, was kommt noch?
Im Augenblick betrachte ich mich als Skifahrer im Ruhestand. Es kommen viele Leute mit verrückten Ideen zu mir. Ich selbst habe im Moment Richtung Skibergsteigen kein Projekt am Start.
Gegenwärtig habe ich einen sehr erfüllten Tag. Meine Frau, meine zwei kleinen Kinder, der Sport, das Training und das Skifahren bestimmen mein Leben.
Würdest du sagen, dass du alles erreicht hast was du wolltest?
Ach wo, nie! Den Menschen gibt es nicht der sagt, „ich hätte alles erreicht!“
Wie gehst du an eine Idee heran?
Ich denke nicht von heute auf morgen und habe auch nie behauptet, dass mein Leben erst in Ordnung ist wenn ich dieses oder jenes gemacht habe. Wenn für mich etwas eine geile Story ist und an persönlicher Wichtigkeit gewinnt, dann setzte ich es richtig um. Kratzen tut es niemanden ob man die längste Skiabfahrt macht oder was auch immer, man muss nur Spaß daran haben.
Seit Jahren träume ich von einem Sportfilmfestival in Kitzbühel, denn so etwas gibt es weltweit kaum. Als ich es vorstellte, fanden sie es leider nicht so spannend wie ich. Ist halt so.
Du nimmst auch bei Triathlons teil und gehst gern in jeglicher Form dem Radsport nach, doch was macht für die das Skitouren gehen aus?
Als ich damals mit dem Freeskiing anfing wollten wir bald auch auf Berge rauf wo es keinen Lift gibt. Seitdem machen wir das fast Prinzipiell so. Ich betrachte es nicht als Dogma, aber man erlebt den Berg viel intensiver, wenn man ihn besteigt anstelle ihn zum Beispiel befliegt! Außerdem hat das Besteigen auch einen Sicherheitsaspekt. Man lernt den Berg und seine Eigenheiten (Wetter, Schnee, objektive Gefahren) viel besser kennen, was für eine schwere Skiabfahrt lebenswichtig werden kann. Vor allem ist man in der unberührten Natur. Was tolleres gibt es kaum.
War es auch Zufall, dass du in das Organisationsteam vom Hahnenkamm Rennen gekommen bist?
Das kann man wohl sagen. Bin vor vielen Jahren einfach so reingerutscht. Anfangs sollte ich die Streif wegen eventuellem Straßenbau vermessen um Schnee mit den LKW`s hinbringen zu können. Danach wurde ich gefragt ob ich Schilder und Transparente für das Hahnenkamm Rennen aufhängen könnte und jetzt sitze ich in der Organisationskomitee.
Welche Personen findest du persönlich imponierend?
Sagen wir mal so, ich bin ganz leise und höre gespannt zu wenn ich Falco, Mateschitz und Andrè Heller reden höre.
Kann man sagen, Kitzbühel hat dein Leben beeinflusst?
Mit ruhigem Gewissen ja. Ich wuchs quasi neben dem Hahnenkamm auf. Habe dort das Skifahren gelernt und bin tausende Mal den Berg rauf und ihn runter gefahren. Egal ob im Sommer oder Winter. Bei den Rennen ging ich als Vorläufer an den Start. Dadurch bin ich zum Skisport gekommen. Der Hahnenkamm ist gewissermaßen mein Schicksalsberg. Hier fing alles an.